AKTUELLES
Geplante Änderungen der Musterbauordnung (MBO) für den Brandschutz
Ende August 2020 wurde eine Verbändeanhörung zu einem von der Fachkommission Bautechnik in der Bauministerkonferenz beschlossenen Entwurf für Änderungen der Musterbauordnung gestartet. Der Beitrag berichtet über die vorgesehenen Änderungen mit Schwerpunkt auf dem Brandschutz.
Von Hanno Werning. Die von der Bauministerkonferenz beschlossene Musterbauordnung (MBO) soll trotz der grundsätzlichen Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer im Bauordnungsrecht eine Leitbildfunktion haben und eine Orientierung für die Landesbauordnungen (LBO) bieten. Bundesweit ähnliche technische Anforderungen an die Bauwerke erleichtern die Planung von Bauwerken für bundesweit tätige Büros, aber auch für regional aktive Planer in Bundesland-Grenzgebieten.
Seit der weitreichenden MBO-Änderung zum Recht der Bauprodukte und Bauarten vom 13.05.2016 hat die Arbeitsgemeinschaft der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister*innen und Senator*innen zwei weitere Änderungen der MBO beschlossen. Über die Änderungen zum Bauen mit Holz vom 27.09.2019 wurde im FeuerTrutz Magazin 1.2020 berichtet. Bereits am 22.02.2019 ist die Einführung einer "Typengenehmigung" in § 72a als einer Art technischen Vorgenehmigung für gesamte Bauwerke beschlossen worden.
Beide Änderungen haben inzwischen das europäische Notifizierungsverfahren durchlaufen und dürfen, nach Ablauf der sogenannten "Stillhaltefrist", seit 18.06.2020 in Landesrecht umgesetzt werden. Die nun veröffentlichten Dokumente wurden aufgrund des Notifizierungsverfahrens gegenüber den ursprünglich vorgelegten Entwürfen nicht verändert.
Inzwischen hat die Fachkommission Bauaufsicht ein Anhörungsverfahren zum Entwurf weiterer Änderungen gestartet. Eine entsprechende Synopse (Stand 17.08.2020) einschließlich Begründung ist über die Internetseite der Bauministerkonferenz verfügbar. Die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen lief bis zum 30.09.2020.
Aus brandschutztechnischer Sicht sticht vor allem die Aufnahme einer Pflicht für Rauchwarnmelder (RWM) für Wohnungen in die MBO hervor. Obwohl schon alle Landesbauordnungen Regelungen dazu enthalten, war in der Musterbauordnung dazu bisher ein "weißer Fleck".
In § 48 MBO, Wohnungen, soll nun als Absatz 4 ergänzt werden:
1"In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben.2 Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut oder angebracht und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird." [1]
Die Begründung führt ergänzend dazu aus, dass die RWM (nur) zum Schutz der Nutzer der einzelnen Wohnungen dienen sollen und nicht zur Warnung Dritter in anderen Wohnungen oder zur Vermeidung von Sachschäden. Folglich sei die "[…] Anbringung von Rauchwarnmeldern […] nicht Bestandteil des Brandschutzkonzepts der Musterbauordnung, sondern letztlich nur die Ausformulierung einer Obliegenheit, die jeder Wohnungseigentümer im Eigeninteresse und im Interesse weiterer Wohnungsnutzer ohnehin erfüllen sollte."
Damit wird klar, dass RWM nicht zur Kompensation von Abweichungen von materiellen Anforderungen der Bauordnung herangezogen werden können; dafür wäre eine Brandmeldeanlage oder mindestens eine Brandwarnanlage notwendig.
Zur Technik gibt die Begründung an, es würden keine "Anforderungen an die Art der zu verwendenden Rauchwarnmelder […] gestellt", scheinbar "vorsichtshalber" erfolgt der Verweis auf die (obligatorische) CE-Kennzeichnung von RWM nach Bauprodukteverordnung auf der Grundlage von EN 14604. Diese Kennzeichnung darf jedoch auch ein RWM tragen, für den nur zu einem der zahlreichen Wesentlichen Merkmale eine Leistung erklärt wird, während zu den anderen Wesentlichen Merkmalen "NPD", also "keine Leistung bestimmt", angegeben wird. In solch einem Fall kann das angestrebte Schutzziel nicht unbedingt als erreicht angesehen werden. Da erscheint eine Konkretisierung der technischen Anforderungen an die einzelnen Wesentlichen Merkmale von RWM in der MVV TB als Planungsgrundlage sinnvoll; bisher ist EN 14604 darin nicht berücksichtigt. Das Thema ist in der Branche hinlänglich bekannt: Einschlägige Publikationen empfehlen, nur solche RWM zu verwenden, bei denen für alle (anwendbaren) Wesentlichen Merkmale "bestanden" erklärt wird (vgl. FeuerTrutz Magazin 4/2020 Seite 32–34).
Auch einige weitere Änderungen tangieren die brandschutztechnische Planung. So ist eine Befreiung von der Pflicht zum Einbau von (üblicherweise für Gebäude mit einer Höhe von mehr als 13 m notwendigen) Aufzügen vorgesehen, wenn bei Bestandsgebäuden ein oberstes Geschoss ausgebaut oder sogar um bis zu zwei Geschosse aufgestockt wird. Damit entfällt der sonst benötigte feuerwiderstandsfähige Fahrschacht mit entsprechenden Fahrschachttüren in solchen Gebäuden. Die Integration der Fahrschächte ist beim Bauen im Bestand häufig eine besondere Herausforderung mit entsprechend hohen Kosten. Hinsichtlich der Barrierefreiheit sind in § 50 sowohl einige Erweiterungen der Anforderungen als auch einige zusätzliche Ausnahmetatbestände vorgesehen, auch da im Zusammenhang mit Aufzügen beim Bauen im Bestand.
Bei den verfahrensrechtlichen Regelungen soll ergänzt werden, dass für von einer Genehmigung freigestellte Bauvorhaben das "[…] Recht zur Ausführung des Bauvorhabens entsprechend den eingereichten Unterlagen erlischt, wenn innerhalb von drei Jahren […] mit dessen Ausführung nicht begonnen wurde oder die Bauausführung mehr als drei Jahre unterbrochen worden ist." So sollen analoge Regelungen zur befristeten Baugenehmigung für genehmigungsbedürftige Bauvorhaben geschaffen werden. Bei Letzteren soll eine mögliche Unterbrechung von bisher einem Jahr auf bis zu drei Jahre ausgedehnt werden.
Zu § 67, Abweichungen, ist ein neuer Absatz 4 vorgesehen: "Zulassungen von Abweichungen nach Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 gelten drei Jahre; […]." Zugelassene Abweichungen werden somit auch bei genehmigungsfreien Vorhaben analog zu Baugenehmigungen – einschließlich möglicher Abweichungen – befristet. § 70, bisher "Beteiligung der Nachbarn", soll auf die Öffentlichkeit erweitert werden und umfangreiche verfahrensrechtliche Änderungen erfahren, auf die hier allerdings nicht weiter eingegangen werden soll.
Fazit
Zusammenfassend zeigen sich die vorgesehenen Änderungen zum Teil als sinnvolle Präzisierungen und zum Teil als deutliche Beiträge zu einer Vereinfachung des Bauens, insbesondere beim Bauen im Bestand. Bei der Rauchwarnmelderpflicht wurde dagegen eher die MBO an die LBOs angepasst, als – wie üblicherweise zu erwarten – die LBOs an die MBO.